GESCHICHTE
Engelhartszell am rechten Donauufer 25 Kilometer unterhalb von Passau war von jeher ein bedeutender Ort am Verkehrs- und Handelsweg Donau. Der Ort wird 1194 erstmals urkundlich erwähnt und als Mautstelle bezeichnet.
1045 - 1065 Es wird angenommen, daß Bischof Engelbert von Passau, der Schiffstationen gründete und Donauorte hob, auch die Pfarrei Engelhartszell errichtet hat. Das Bistum Passau weitete sich damals entlang der Donau bis nach Ungarn aus und war bis zur Neuordnung unter Kaiser Josef II. (1784) das größte Bistum im römisch-deutschen Reich.
1214, 1227 wird die Pfarre Engelhartszell erstmals dokumentiert. In dieser Urkunde des Bischofs Manegold von Passau wird auch der Pfarrer namentlich erwähnt: "Wernerus plebanus von Engelhartszell." Zu diesem Zeitpunkt dürfte bereits eine Kirche exestiert haben.
1293 wird im Sitftsbrief von der Klostergründung die Existenz der Marktkirche bestätigt. Der betreffende Absatz in diesem Brief des Fürstbischofs von Passau, Wernhart von Prambach lautet: "Gerade in dem Bemühen nun, uns diese Einladung zunutze zu machen, haben wir jenen Ort unserer Diözese, der jetzt Engelszell genannt wird, für geeignet gehalten zur Errichtung eines Klosters des Cisterzienserordens und haben zunächst die dort gelegene Kirche, allgemein bekannt unter dem Namen Engelhartszell, gänzlich von unserer Machtbefugnis befreit, sowohl bezüglich des Diözesangesetzes, als auch in Bezug auf die Juridikationsgewalt, und haben sie unter gütiger Zustimmung unseres Kapitels für exemt erklärt mit samt ihren Kapellen, Zehenten und Annexen. Und weil wir wollen, dass diese Kirche jene uneingeschränkte Freiheit genieße, deren sich die Klöster des Cistercienserordens erfreuen, haben wir sie zugleich mit dem Markte Engelhartszell feierlich dem soeben genannten Orden geschenkt...." Gegeben zu Passau im Jahre 1293 am 12. März Wernhart, durch Gottes Erbarmen Bischof von Passau
Mit dieser Schenkung hat die Marktkirche ihre Eigenständigkeit und ihre eigene Geschichtssreibung verloren.
Für das Stift selbst war es schwierig die Wirren der Jahrhunderte zu überstehen, es mußte einigemal neu besiedelt werden. 1577 wütete die Pest, 1699 vernichtete ein Brand das Kloster. Mit der Auflösung des Stiftes 1786 durch Kaiser Josef II. gingen noch die letzten Unterlagen und Überlieferungen verloren.
1459 - 1503 Eine Marmortafel im Presbyterium und ein Bürgerwappen beim südlichen Eingang weisen darauf hin, daß der Chor 1459 und das Langhaus 1503 errichtet wurden.
1509 Die gotische Marktkirche wird am 12. August 1509 vom Passauer Bischof Urban geweiht. Über dem Chorraum war ursprünglich ein gotisches Netzgewölbe. Die von den Gesimskröpfen ausgehenden Grate sind noch erkennbar. Von den spitzbogigen Chorfenstern ist nur mehr bei einem Fenster hinter dem Hochaltar das gotische Maßwerk von 1459 erhalten. Rechteckige Vertiefungen im Triumphbogen, eine hinter der Johannesstatue die andere hinter der Kanzel, sowie die aus dem 15. Jhdt. stammende Kreuzigungsgruppe (derzeit in der Vorhalle), zeugen noch von einer Lettnerwand zwischen Chor und Langhaus.
Lettner (lat.) ist eine Trennwand zwischen Langhaus und dem früher nur der Geistlichkeit zugänglichen Chorraum der Kirche. Nach dem Trienter Konzil (1545 - 1563) wurden in fast allen katholischen Kirchen die Lettner entfernt.
Das Langhaus hatte ursprünglich ein anderes Gewölbe oder eine andere Decke. Noch vorhandene Fresken um ehemalige Luftschlitze oberhalb des jetzigen Gewölbes deuten darauf hin. Bei Umbauten 1931 wurden weitere Fresken entdeckt, die darauf hinweisen, daß früher der ganze Kircheninnenraum bemalt war.
Die Sakristei war damals im unteren Raum des Turmes. Der Aufgang zu den Glockenseilen war bis 1925 neben dem rechten Seitenaltar.
Über den Seitenaltartischen waren zwei Meter hohen Nischen für Statuen.
BAROCKISIERUNG
1763 - 1780 Der barocke Hochaltar mit den Statuen der Zisterzienserheiligen Bernhard und Benedikt wird dem Bildhauer Josef Deutschmann (1717-1787) zugeschrieben. Er schuf unter anderem auch in der Klosterkirche (um 1763) das Chorgestühl, die vier Erzengel, die Orgelverkleidung und das Hauptportal (Sandstein). Diese Zuschreibung läßt vermuten, daß der Klosterkirchen-Erbauer Abt Leopold Reichl im Anshcluß an den Klosterkirchenbau die Marktkirche barockisieren ließ. Vielleicht auch schon im Bewußtsein, daß er hier einmal begraben wird, da das Bestatten in Gruften bereits untersagt war.
Im Zuge der Barockisierung wurden im Chorraum die Rippen vom Netzgewölbe abgeschlagen.
Um 1780 wird das ursprüngliche, gotische Langhausgewölbe durch das jetzige ersetzt. Die gotische Turmspitze dürfte durch einen Zwiebelturm ersetzt worden sein.
1786 Nach dem Tod des Abtes Leopold II. wird das Kloster unter dem Reformer Kaiser Josef II. aufgelöst und die Klosterkirche zur Pfarrkirche erklärt. Die Marktkirche durfte nur mehr als Gottesackerkirche (Friedhofskapelle) benützt werden. Das Abhalten von Messen und Christenlehren war untersagt. Abt Leopold Reichl ist an dert Südseite der Marktkirche begraben. Die Grabstätte befindet sich vermutlich im Bereich der 1925 angebauten Sakristei. Eine Gedenktafel in der Vorhalle der Stiftskirche erinnert noch an diesen erfolgreichen Abt.
1817 - 1821 Mit der Auflösung des Klosters wurde ein Religionsfonds gegründet, mit dem die zwei Kirchen von Engelhartszell erhalten werden sollten. Nach einem heftigen Sturm 1817, der beide Kirchen stark beschädigte, sollte die Marktkirche auf Vorschlag eines Bauingenieurs des Religionsfonds als unnötig abgebrochen werden. Die Engelhartszeller Bürger erklärten jedoch in einem Protokoll, daß sie die Kirche erhalten wollen.
RENOVIERUNGEN UND UMBAUTEN SEIT 1925
1925 Ansiedlung der Trappisten im Stift Engelszell. Die Marktkirche wird nach 139 Jahren wieder Pfarrkirche. Für die Verwendung als solche waren aber umfangreiche Umbauten und Renovierungen notwendig:
Unter Pfarrer Böhmdörfler, der sehr viel zur Ansiedlung der Trappisten beigetragen hat, werden die Sakristei und die Leichenkammer angebaut. Der Turmaufgang wird vom rechten Seitenaltar in den Vorraum der Sakristei verlegt.
Neue Glockien werden montiert, da die alten 1917 für Kriegszwecke verwendet wurden. Das Blech des Zwiebelturmes wird ebenfalls erneuert.
1927 Bau des Pfarrhofes
1928 wird das Kriegerdenkmal errichtet. Die Kirchenstiegenüberdachung dürfte auch in dieser Zeit entfernt worden sein.
1931 Pfarrer Johann Böhm (1930 - 1938) setzt die Renovierung fort.
Mit Ausnahme des einen Fensters hinter dem Hochaltar werden alle Fenster einschließlich der Betoneinfassungen und der Maßwerke erneuert.
Eine Stahlbetonempore ersetzt seither die Orgelempore auf Holzsäulen aus dem 16. Jhdt. Der Hochaltartisch wird mit Veroneser Marmorplatten erneuert. Die Ölbergkapelle zwischen den Pfeilern der Kirchenvorhalle wird abgebaut. Die Statuen sind noch erhalten. Für Prozessionen um die Kirche wird marktseitig der Fels abgetragen.
1932 Die Renovierungen werden am 8. Mai 1932 mit der Altarweihe und einer Firmung in der Marktkirche abgeschlossen.
1953 wird unter Pfarrer Hölzlmayr (1949 - 1982) unter anderem das Kirchendach und der Dachstuhl sowie
1957 die hundertjährige Orgel erneuert.
1964 erhalten die Altäre eine neue Vergoldung.
1968 Der Zwiebelturm wird mit Kupferblech gedeckt.
1972 Erneuerung des Pflasterbodens und Installierung einer elektrischen Kirchensitzheizung.
1992 Außenrenovierung der Kirche uns Sanierung der Stützmauer unter Pfarrer Wolfgang Renoldner.
Herausgeber: Broschüre Pfarramt Engelhartszell, Quellen: Pfarrchronik, Dr. Schmid, Geschichte Stift Engelszell, 1885 Bundesdenkmalamt, Kunsttopographie 1924, Pater Markarius Spitzig, Äbte des Stiftes Engelszell, 1936; Verfasser: Walter Natschläger, Engelhartszell; Gestaltung Internet und Fotos: Marktgemeindeamt Huber Reinhard